Haushaltsrede 2025 / 2026 im Gemeinderat am 11.11.2024 zu DS 246, 247, 248 / 2024 von Fraktionsvorsitzender Holger Kimmerle Es gilt das gesprochene Wort. Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Mergel, liebe Anwesende, Wenn man sich Gedanken über/um/für die Zukunft macht, gehört natürlich auch die Frage dazu, was war denn in der Vergangenheit? Was ist aus den Anträgen der letzten Jahre geworden… Das ist gar nicht so einfach herauszufinden. Antwortschreiben auf Prüfanträge zum Beispiel kommen irgendwann, meist deutlich verspätet, dafür dann in Papierform. Was soll das denn? Das ist so unpraktisch. Bitte ab nächstem Jahr in anderer Form. Beschlossene Maßnahmen haben lange Vorlaufzeiten und Ergebnisse werden erst Jahre später sichtbar. Das ist für uns sehr unübersichtlich, teilweise auch unbefriedigend. Man muss immer aufpassen, dass Themen nicht untergehen oder gar fallen gelassen werden. Um so schöner ist es wenn wir die Früchte unserer Arbeit sehen. Wenn Gelder im Haushalt vorgesehen sind, weil wir uns dafür eingesetzt hatten. Eine barrierefreie Toilette in der Innenstadt mussten wir zum Beispiel doch nicht beantragen da sie in der Lohtorstraße geplant ist. Ebenso die Schließfachanlage, die wir seit drei Jahren fordern. Das sind die Früchte unserer Arbeit! Da weiß man dann warum man das tut! Man spürt die eigene Wirksamkeit. Aber waren da nicht noch die Fenster der Grünewaldschule? Sind die schon ausgetauscht? Was ist mit den überdachten Plätzen für Jugendliche und vieles vieles mehr. Warum geht es hier und da eigentlich nicht voran? Warum diskutieren wir die selbe Sache eigentlich immer wieder neu ohne, dass es etwas neues zu diskutieren gäbe? Während andere Themen nicht zum Zuge kommen obwohl es so wichtig wäre? Das hat ganz viel mit Kommunikation zu tun. Ein Schönes Beispiel ist der Antrag der SPD für den barrierefreien Zugang der Bibliothek Biberach, der nach unserer Kenntnis schon in der Umsetzung ist. Aufgefallen ist es uns im Haushaltentwurf nämlich ebenso. Ich möchte aber nochmal zum Gefühl der Selbstwirksamkeit zurück, das einem aufzeigt, dass man in der Lage ist, durch eigene Handlungen und Entscheidungen etwas zu bewirken. Dieses Gefühl ist grundlegend für das Engagement und die Teilhabe in einer Gesellschaft. Die Selbstwirksamkeit hängt also eng mit der Demokratie zusammen. Das Vertrauen in die eigene Selbstwirksamkeit motiviert Menschen, sich politisch zu beteiligen, weil sie daran glauben, dass ihre Stimme und ihr Handeln etwas verändern kann. Wenn Menschen aber das Gefühl haben, keinen Einfluss nehmen zu können, neigen sie eher dazu, sich zurückzuziehen und politische Entscheidungen anderen zu überlassen. Das kann langfristig zu Demokratiedefiziten führen, da die breite Beteiligung abnimmt und die politischen Entscheidungen nur noch von einer kleinen, oft privilegierten Gruppe getroffen werden. Förderung der Selbstwirksamkeit kann also die Demokratie stärken, indem sie mehr Menschen ermutigt, sich aktiv und informiert einzubringen. Im Jugendgemeinderat können das die Jugendlichen. Sie lernen, dass ihre Meinung zählt und sie in ihrer Umgebung etwas verändern können, was wiederum ihre Motivation und ihr Vertrauen in die Demokratie stärkt. Der Jugendgemeinderat (der heute erstaunlicher weise nicht spricht – ist das der langen Tagesordnung geschuldet?) hat sich in diesem Jahr auf drei Prüfanträge beschränkt. Der eine betrifft die Abstellbügel für Fahrräder. Hierfür ist sicher kein Extrabudget im HH notwendig, aber als Zeichen stellen wir eine kleine Summe bereit und wünschen uns, dass eine Beteiligung der Jugendlichen zur Findung von Standorten stattfindet. In einem weiteren Antrag bittet der Jugendgemeinderat die Verwaltung die Möglichkeit einer Solarbank zu prüfen. Wir finden, das muss man gar nicht prüfen sondern ausprobieren. Ich freu mich, wenn als Ergebnis z.B. am Basketballplatz für den es ja kein Flutlicht geben wird, aber dann vielleicht eine smarte Solarbank bzw. Powerbank mit Ladefunktion und Bluetoothbox. Gerne mit Werbung für den Jugendgemeinderat. Das ist dann etwas Sichtbares, was keine Tradition hat sondern offensichtlich dem Einsatz der Jugend zu verdanken ist. Insgesamt trägt also der Jugendgemeinderat dazu bei, dass junge Menschen frühzeitig in demokratische Prozesse eingebunden werden und lernen, sich konstruktiv für ihre Interessen und die ihrer Altersgruppe einzusetzen. Beim Speed-Dating vor den Kommunalwahlen – extra für Schüler:innen – kam nicht ein einziger Gast und auch die Beteiligung an den Jugendkonferenzen im Jahr zuvor war sehr schleppend. Das ist kein Thema nur der Jugend – auch an Erwachsene gerichtete Bürgerbeteiligungen werden meist nur von den selben wenigen Bürger:innen besucht. Das ist eine ernstzunehmende Entwicklung, der wir entgegen wirken müssen. Das ist auch der Grund weshalb ich mit diesen Anträgen hier beginne. Sie sind uns wichtig, vor allem wegen ihrer Wirkung auf die Bürgerschaft. Das Gegenteil von Selbstwirksamkeit empfinden gerade auch manche Bezirksbeiräte, vor allem diejenigen, die schon länger dabei sind. Sie beklagen, dass sie sich nicht ernst genommen fühlen mit ihren Anträgen zum Haushalt, die sich Jahr für Jahr eigentlich gleichen. Aber auch hier sehen wir die Ursache mehr in Defiziten der Kommunikation. Die langsam mahlenden Mühlen schlagen so manchem aufs Gemüt. Auch wenn wir inzwischen einige Forderungen der BBR in der Planung sehen, so verstehen wir doch auch den Ärger oder das Unverständnis, darüber, dass manch Kleinigkeit keine Umsetzung findet. Deshalb greifen wir Grünen die immer wieder diskutierte Idee eines Stadtteilbudgets erneut auf und fordern ca. 2€ pro Bürger:in in den Stadtteilen für die Bezirksbeiräte zur Umsetzung von einstimmigen Beschlüssen. Lassen Sie mich noch was zum Ampelstress sagen. Die Ampel soll eigentlich den Weg frei machen. Nicht für schnelle Neuwahlen wie Sie jetzt denken, sondern um sicher über die vielbefahrene Straße zu kommen. Egal ob ich selbst in einem Auto sitze, auf dem Fahrrad oder ob ich zu Fuß bin. Das tut sie aber meist nur für einen Teil der Betroffenen. Gefühlt eigentlich meistens für die anderen. Wer hat nicht schon mal gedacht, er könne es besser steuern oder das könne doch nicht so schwer sein? Wer hatte noch nicht die Hoffnung auf GRÜN zur rechten Zeit und wurde dann enttäuscht? – eine Grüne Hauptstadt Europas, anders gedacht: Eine Stadt, in der man öfter GRÜN bekommt. Mit unserer Bewerbung für den IPAI haben wir uns auf den Weg gemacht, beim Thema Künstliche Intelligenz an vorderster Front zu stehen. Wir GRÜNEN wollen das auch im Verkehr sehen. Verkehrssteuerung ist hochkomplex, doch durch KI kann der Verkehrsfluss effizienter gestaltet werden. Deshalb fordern wir eine Doktorandenstelle, die innovative Ansätze entwickelt, um in Heilbronn Vorreiterprojekte zu schaffen. Dies könnte auch helfen, den ÖPNV effektiver zu gestalten. Ein zusätzliches Gutachten soll untersuchen, wie die Anbindung der Stadtteile mit kürzeren Taktzeiten verbessert werden kann. Kann es sein, das Flein evtl. mit die beste Stadtbusanbindung hat? Hier müssen wir den Anliegen unserer Stadtteile gerecht werden, wenn wir es mit der Verkehrswende ernst meinen und das sollten wir. Und weil das ja auch eine Forderung der CDU im Wahlkampf war, bringt es auch ihnen das Gefühl von Selbstwirksamkeit. Das ist auch gut, denn mit destruktiver Politik ist das ja irgendwie schwer zu erreichen. Oder wie kann ich mir das vorstellen. Da läuft man so in der Innenstadt an einem Leerstand vorbei uns sagt dann: „Schön, dass hier keine Dönerbude ist. Haben wir gut gemacht!“ und dann der Andere – „Ah, da warst du beteiligt? War das nicht etwas rassistisch und diskriminierend?“ „Macht doch nichts, um die Adi haben wir uns natürlich auch gekümmert!“ Liebe CDU, entschuldigt bitte diese Spitzen, aber sie mussten jetzt auch mal sein. Seht sie als Schuss vor den Bug. Wir haben eben in der Pressekonferenz und unter TOP 1 und 2 ein Zeichen gesetzt wie wir zusammen an einem Thema wirken können, wie man Kompromisse schließen kann und dass das auch sein muss, wenn man was in der Sache erreichen will. Und da wissen wir die Zusammenarbeit mit euch auch zu schätzen. Aber eure populistischen Wahlkampfthemen Adi und Döner-Obergrenze haben nicht nur dem Ansehen der Stadt immens geschadet sondern auch uns allen viel Geld, viel Nerven und vor allem viel Zeit gekostet. Dieses Engagement erwarten wir jetzt auch für euer Wahlkampfthema 15-Min-Takt im Öffentlichen Personen Nahverkehr. Weniger Verkehr auf der Straße ist der beste Beschleuniger für PKW und Bus, weshalb wir weiterhin auf die Steigerung des Radverkehrsanteils setzen. Dieser soll möglichst abseits der Hauptverkehrswege geführt werden. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Bottwarbahntrasse. Immer mehr Familien zeigen, dass es so auch ohne eigenes Auto vor der Türe geht. Im Hinblick auf die zunehmenden Staus, die Platzprobleme und einen notwendigen Stopp der zunehmenden Versiegelung, sollte dieser Trend unterstützt werden. Ein Förderprogramm „Lastenräder für Familien“ soll den Verzicht auf’s eigene Auto erleichtern. Das sind dann übrigens auch Familien die tendenziell nicht zum Breuninger fahren. Nur mal so zum drüber nachdenken. In der Zeitung war kürzlich zu lesen, dass das verkündete Sicherheitskonzept bereits Wirkung zeige. Die Stellen hierfür sind noch nicht mal beschlossen geschweige denn irgendwo zu sehen, aber die Presse findet Stimmen von Menschen die sich jetzt schon sicherer dadurch fühlen. Das ist toll, das nehmen wir genauso wahr und genauso ernst wie die Stimmen, die sich zuvor unsicher fühlten. Den Kommunalen Ordnungsdienst gleich zu verdoppeln, sehen wir kritisch. Stattdessen braucht es auch mehr Streetworker. Das Verhältnis von KOD und KOS, die ja auch zusammenarbeiten ist aktuell, so meine ich 12 : 4. Daher finden wir, dass ein Teil der 12 angedachten neuen Stellen auch für Streetwork und Sozialarbeit verwendet werden muss, insbesondere auch an dem Ort an dem sich einige Bürger:innen am meisten aufhalten – dem Internet. Viele Kommunen haben bereits positive Erfahrungen mit digitaler Sozialarbeit gemacht. Hier sollten wir erfolgreiche Strukturen auf Heilbronn übertragen. Bleiben wir beim Sozialen und schauen uns die Liste von Anträgen der Organisationen und Einrichtungen auf Gewährung von Zuschüssen an. Alle uns vorgelegten Anträge erscheinen uns plausibel und notwendig. Allerdings kennen wir nur teilweise die Begründungen der Antragstellenden und gar nicht die Haltung der Verwaltung. Das muss die Verwaltung beim nächsten Haushalt besser machen. Dennoch haben wir alle Anträge auch zu unseren für den Haushalt gemacht, wohl wissend, dass beim ein oder anderen der Landkreis noch zu einer Beteiligung bewegt werden sollte. Auch wenn Personalstellen klar auf Kosten des Ergebnisshaushaltes gehen, so sind sie halt doch auch notwendig. Viele Stellen sind aufgrund des Fachkräftemangels gar nicht zu besetzten. Umso wichtiger ist es, sich selbst um den Nachwuchs zu kümmern. Das macht die Verwaltung auch sehr gut, da wird uns regelmäßig berichtet. Wir haben dennoch einen Ergänzungsvorschlag, nämlich die Schaffung von drei Studienplätzen für ein Duales Studium „Digitales Verwaltungsmanagement“. Wie es zum Beispiel die Hochschule für Verwaltung in Kehl anbietet. Das Verständnis für digitale Prozesse und die Fähigkeit, diese umzusetzen und zu managen, ist entscheidend für eine effiziente Verwaltung. (Und das haben wir ja gefordert: Maßnahmen, die die Verwaltung effizienter machen) Ein duales Studium schafft qualifizierte Mitarbeitende, die mit den neuesten digitalen Tools und Strategien vertraut sind. Wir fordern zudem eine Beratungsstelle zum Thema Starkregen und Hochwasserschutz, angegliedert an die Energieberatung Heilbronn. Der Gesamtverband der Versicherer hat Heilbronn auf Platz 7 der am meisten versiegelten Städte Deutschlands identifiziert. Damit gehört Heilbronn zu den starkregengefährdeten Städten. Dies betrifft nicht nur die Innenstadt sondern insbesondere auch die Stadtteile. Von Hochwasser sind außerdem vor allem Grundstücke entlang der Nebenflüsse des Neckars wie Leinbach, Rotbach, Deinenbach und Schozach betroffen. Bürgerinnen und Bürger benötigen fachliche Beratung, wie sie sich vor den Gefahren durch Hochwasser und Starkregen wirksam schützen können. Wir beantragen die Einrichtung einer Nachteule, also einer festen Stelle für die Transferstelle Nachtleben, um eine kontinuierliche Unterstützung und strategische Stadtentwicklung im Nachtleben zu gewährleisten. Die Stelle soll die bisherigen versuchsweise ehrenamtlichen Tätigkeiten übernehmen und die Zusammenarbeit mit relevanten Ämtern sowie das Nachtbuskonzept vorantreiben. Es sollte ein freier Träger beauftragt werden, um die Stelle zu besetzen. Bei der Auswertung der Transferstelle haben sich viele dafür ausgesprochen. Man könnte ja untersuchen, ob KOD-Stellen dadurch ersetzt werden, aber man kann es auch einfach mal annehmen. Beim Umzug der Neckartalschule in die Container sahen wir, mit welchem Engagement die Schulleitung Ressourcen schonend handelte. Es musste gar nichts oder zumindest kaum was nennenswertes angeschafft werden, weil man sich ausgemusterte Möbel und Technik zusammensuchte. Die Beamer sind ausgemustert aus anderen Schulen, die Regale von der Bücherei und so weiter. Nicht mehr Benötigtes wurde nicht entsorgt, sondern über soziale Medien kostengünstig abgegeben oder verschenkt. Ein vorbildliches Handeln, das nicht selbstverständlich ist, aber selbstverständlich sein sollte. Wir fordern, dass die Verwaltung der bestehenden Abfall-App eine digitale Plattform hinzufügt, um ausgemustertes, aber noch verwertbares Mobiliar einer weiteren Nutzung zuzuführen. Damit alle Akteur:innen der Stadt von den bereits vorhandenen Ressourcen profitieren können. Um diese Plattform zu betreiben, wird eine halbe Stelle geschaffen. Eigentlich hatte die Verwaltung vor den Beratungen mit einer Drucksache zum Lehrschwimmbad in den Gemeinderat kommen wollen. So schnell ging es jetzt doch nicht. Damit es hier nicht ins Stocken kommt – denn die Halle bekam sehr viel Zuspruch und die ersten Gespräche laufen – haben wir Planungsmittel für beide Jahre eingestellt. Vielleicht wird es ja noch in die Änderungsliste aufgenommen. Ebenso jetzt noch erwähnenswert ist unser Antrag, im Wohlgelegen ein weiteres Beach-Volleyball-Feld anzulegen. Immer wieder wird uns zugetragen, dass ein Feld ungünstig ist, da es entweder belegt ist (und das ist oft der Fall) oder keine potentiellen Mitspieler:innen zur Verfügung stehen da man bei mehreren Feldern auf gut Glück hingeht, bei einem einzelnen Feld aber nicht auf gut Glück wartet bis jemand kommt. Es macht also Sinn Spielfelder nicht über die Stadt zu verteilen sondern eher zu konzentrieren. Das kann auch an anderer Stelle sein, Platz wäre zumindest am Wohlgelegen. Zuletzt möchte ich mich dem Dank meiner Vorredner anschließen an alle, die ihren Beitrag zu diesem Haushalt leisten, ob in der Verwaltung, als Steuerzahler:in oder als Städtische Mitarbeiter:in oder Mitarbeiter:in bei einer unserer städtischen Töchter oder Beteiligungsgesellschaften. Und natürlich bei meiner Fraktion, die das in letzter Zeit ausgeartete Pensum an ehrenamtlicher Zeit erträglich machte. Und Ihnen vielen Dank fürs Zuhören.